Views: Dominik Philipp über unsere neue digitale Arbeitswelt

Die Geschwindigkeit der aktuellen Ereignisse zwang uns, innerhalb von wenigen Stunden zu reagieren. Unsere Teams haben hier eine sehr starke Eigeninitiative entwickelt, die den raschen Wandel zum mobilen Arbeiten im Home-Office ermöglicht hat. Diese Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen bei uns im Büro war der Motor, der den Ab- und Aufbau der Infrastruktur, die entsprechende Verteilung und die Umstellung der gewohnten Arbeitsumgebung erheblich beschleunigt hat.

Die Corona Krise hat einen unglaublichen Team Spirit ausgelöst. In solchen Situationen braucht es nicht einen einzigen Leader, sondern die Kraft des Teams. Das Solidaritäts- und Teamzugehörigkeitsgefühl bei uns im Büro ist trotz „social distancing“ stärker denn je.

(Illustration: © My Life Graphic)

Unsere Erfahrungen mit neuen Arbeitsmethoden

Wir haben bereits vor dem Lockdown intensiv neue und frischere Arbeitsmethoden getestet. Hier greifen wir stark auf moderne Projektmanagement Frameworks wie Kanban und Scrum mit daily-stand-up-meetings zurück. Das tägliche virtuelle Zusammentreffen des Teams mit kurzem Report zur täglichen Arbeit (was habe ich gestern gemacht, was mache ich heute, was behindert mich dabei) hilft uns nun enorm in dieser Zeit, in der man die Arbeitsleistung der Kollegen nicht überblicken kann. Wir greifen dabei auf digitale Kanban Boards zurück, Skizzen werden auf digitalen Whiteboards erstellt und unter den Teammitgliedern geteilt. Ebenso die Besprechungsnotizen im OneNote.

Vertrauen gehört dabei zur DNA unserer Projekt- und Bearbeitungskultur. Und damit verbunden ist die selbstständige Einteilung der Arbeit und zu welcher Zeit ich diese erledige. Die Arbeit passiert nun viel freier auch zu Zeiten, in denen man üblicherweise nicht im Büro ist (abends oder am Wochenende). Dafür mussten wir einen Modus der Erreichbarkeit und der Besprechungskultur finden.

Besprechungen und Abstimmungen finden nun komplett in digitalen Meeting-Räumen statt – über MS Teams, Skype oder ähnliches. Die Installation auf sämtlichen Endgeräten (Laptop, Tablet, Smartphone, …) führte im ersten und unerprobten Schritt zu einer ständigen Erreichbarkeit zu allen Tages- und Nachtzeiten, auch wenn man gerade an einer anderen Konferenz teilnahm, Sport betrieb oder zu Abend aß. Hier mussten wir uns auf einen Modus der direkten Erreichbarkeit verständigen.

Vorher: Analoges Scrum Board
Jetzt: Digitales Scrum Board
Besprechungen und Abstimmungen finden nun komplett in digitalen Meeting-Räumen statt – über MS Teams, Skype oder ähnliches. (Abb.: Microsoft Teams)

Die Erfahrungen der ersten Videokonferenzen führten auch zur Rückkehr zu einer disziplinierteren und respektvolleren Gesprächskultur. Grundregeln wie pünktlich sein, ausreden lassen, aktiv zuhören, das Wiederholen und Reflektieren, was der Gesprächspartner gesagt hat etc. werden jetzt wieder stärker gelebt.

Auch die Wegzeiten zwischen den Besprechungen fallen nun weg. Die Zeit, die man braucht, um die Besprechungsergebnisse zu verarbeiten und sich auf das nächste Thema einzustellen, müssen wir nun aktiv blocken. Anfangs haben wir die Besprechungen zu dicht getaktet, die Information konnte nicht ordentlich verarbeitet werden. Hier planen wir nun eine Nach- und Vorbereitungszeit zwischen den einzelnen Besprechungen ein. Und den Tratsch in der Kaffeeküche ersetzen wir durch WhatsApp-Gruppen und einzelne Team-Chats.

Die Entwurfs- und Konstruktionsarbeit hat sich dabei nicht erheblich verändert. Die Serverstruktur ist gleichgeblieben. Es gibt weiterhin keine lokal gespeicherte Zwischenstände, sondern es wird wie gehabt in nur einer Version eines Projektes gezeichnet und modelliert. Das Umstellen der Kommunikation war das große Veränderungsmoment.

Was wir bisher nicht gelöst haben, ist die Diskussion am analogen Arbeitsmodell. Dieser Austausch fehlt uns noch in der digitalen Welt.

Werden diese Erfahrungen Auswirkungen auf unseren zukünftigen Büroalltag haben?

Wir werden in jedem Fall die positiven Veränderungen des mobilen Arbeitens mitnehmen.

Wir bemerken, dass wir Architekten, wie die meisten Kreativen, zutiefst soziale Menschen sind. Wir benötigen den regelmäßigen Austausch und direkten Kontakt mit anderen. Vor allem die Diskussion und das gemeinsame Arbeiten am analogen Modell werden wir auch in Zukunft – nach Corona – nicht digital ersetzen können.

Durch die Corona Krise hat sich der Schritt zu neuen Arbeitsmethoden und zur digitalen Transformation nun verselbstständigt. Wir werden in jedem Fall die positiven Veränderungen des mobilen Arbeitens mitnehmen.

Wir gehen auch davon aus, dass sich die Erfahrungen der Videokonferenzen nun bei allen festsetzen und rechnen damit, nicht mehr alle Besprechungen vor Ort durchführen zu müssen. Das wird unserer Businessreisen erheblich reduzieren.

Dominik Philipp