Verwaltung Weidenbornstraße, Wiesbaden (DE)

Die über ganz Wiesbaden verteilten Ämter genügen nicht mehr den heutigen Ansprüchen an Bürgernähe, Nachhaltigkeit und Technik. Daher baut die hessische Landeshauptstadt in der Nähe des Hauptbahnhofs ein neues, zentrales Verwaltungsgebäude, das bei Klimaschutz, Nachhaltigkeit und CO2-Fußabdruck ein zukunftsweisendes Signal setzt.

Urbaner Kontext
Mit unserem Entwurf für das 7.400 m² große Eckgrundstück fügen wir dem aufstrebenden, citynahen Gewerbe- und Bürostandort einen weiteren, wichtigen Baustein hinzu. Der lange, fünfgeschossige Riegel entlang des Quartierboulevards ist im Erdgeschoss aufgeständert und erzeugt so eine weiträumige Passage mit Blickbeziehungen zur Umgebung. Damit vermeiden wir eine geschlossene Randbebauung und können trotzdem dem Konzept der straßenseitigen harten Kante mit rückseitig aufgelockerter Struktur treu bleiben. Der Innenhof als verwunschener Garten bildet das Herzstück des Neubaus. Von allen Seiten zugänglich, taucht man hinein in eine wilde Blüten- & Gräserlandschaft. Stufen und Sitzmöbel um das zentrale Wasserbecken laden zu Entspannung oder kommunikativen Treffen ein. Gemeinsam mit der Dach- und Fassadenbegrünung erfüllt der Hof eine wichtige bioklimatische Funktion im urbanen Umfeld.

Organisation & Funktion
Eine großzügige Treppenanlage mit seitlicher barrierefreier Rampe führt über die Passage in den Innenhof. Nördlich davon liegt der gemeinsame, öffentliche Zugang zu den Ämtern, während sich Mitarbeitereingang und Anlieferung auf der südlichen Seite befinden. Über die Treppe in der mehrgeschossigen Eingangshalle erreichen die Besucher den zentralen Wartebereich im ersten Obergeschoss und die Zugänge zu den Ämtern. Ein Café im Erdgeschoss belebt den Quartierboulevard.
Die Gebäudetiefe mit 17 Metern ermöglicht eine flexible Nutzung der Büroflächen, ob wie vorerst als Zellenbüros mit Mittelzone oder später als Kombibüros bzw. Open Space Flächen. Drei Treppenhauskerne erschließen die einzelnen Geschosse, die in ca. 400 m² große Nutzungseinheiten gegliedert sind. Die Mittelzonenerschließung spielt die kompletten Fassadenflächen für Arbeitsplätze frei. Das regelmäßige „Auslassen“ einzelner Büros erzeugt Nischen, Kommunikationszonen, Lufträume über mehrere Geschosse, Shortcuts oder Außenräume sowie immer wieder spannende Aus- und Durchblicke.
Die Park- und Fahrradgarage entlang der Weidenbornstraße ist äußerst kompakt organisiert, um möglichst wenig Grundfläche zu versiegeln. Ein Systemparkhaus ist schnell aufgebaut und, wesentlich wichtiger, auch schnell wieder abgebaut, für eine Zeit mit weniger Individualverkehr. In diesem Fall kann das Parkhaus durch weitere Büro- bzw. Wohngebäude ersetzt werden.

Material & Konstruktion
Das Gebäude ist als Holz-Hybrid konzipiert. Die Obergeschosse werden als reiner Holzbau mit Holzstützen, einer durchlaufenden Massivholzdecke und einer vorgehängten Elementfassade aus Holz ausgeführt. Nur das Erdgeschoss, die Treppenhauskerne und Schächte sind massiv konstruiert. Die Fassade, in der immer zwei Konstruktionsraster zu einem Fassadenmodul zusammengefasst werden, zeigt den modularen Aufbau auch nach außen. Das Parkhaus und der dreigeschossige Foyer-Annex werden mit Seilen überspannt, die mit der Zeit überrankt und zu grünen Bausteinen werden.

Tragwerk
Ein großer, einfacher Tisch aus Hohlkörper-Stahlbeton mit allseitig auskragender Platte schafft Raum im freien Durchgang und dient mit den aussteifenden Treppenhauskernen als Basis für den viergeschossigen Holzbau. In den Obergeschossen bilden ausschließlich Stützen und Unterzüge aus Baubuche die längstragenden Fassaden- und Flurwandachsen, auf die großformatige Deckenplatten aus Brettsperrholz einfach nur aufgelegt werden. Dadurch braucht man keine tragenden Innenwände, sondern kann Trockenbauwände beliebig aufstellen und später auch wieder verstellen. Im Ergebnis eine ebenso bestechend einfache und ansprechende sowie extrem wirtschaftliche Gebäudekonstruktion.

Gebäudetechnik & Nachhaltigkeit
Die Gebäudetechnik sichert eine ökologische und ökonomische Energieversorgung des Gebäudes. Fernwärme und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach sind effiziente und ökologische Energiequellen. Die Grünflächen werden mit unterirdisch gesammeltem Regenwasser gegossen. Das hybride Lüftungskonzept kombiniert maschinelle Zuluft und natürliche Belüftung.
Passend zum ökologischen Holzbau werden pflanzliche Dämmstoffe wie Holz, Stroh, Schilf oder Hanf verwendet. Diese sind komplett kompostierbar und bilden nach Ende des Lebenszyklusses die Grundlage für nachwachsende Rohstoffe.

Auftraggeber: Landeshauptstadt Wiesbaden, Liegenschaftsamt
Standort: D-65189 Wiesbaden, Weidenbornstraße
Architektur: Dietrich | Untertrifaller
Projektleitung: Julia Schmid
Wettbewerb: 2021
Bauzeit: 2021-
Fläche: 9.700 m² BGF
Kapazität: Büros, Geschäfte, Café, Park- und Fahrradgarage

Partner
Statik: Merz Kley Partner, Dornbirn / Nachhaltigkeit: ZWP Ingenieure, Wiesbaden / Landschaft: Storch Landschaftsarchitekten, Dresden /// Visualisierung: Dietrich | Untertrifaller