BIM und Holzbau – Die Chance zur lückenlosen Digitalisierung in der Baubranche

Wie bringen wir die Digitalisierung direkt auf die Baustelle? Und damit meine ich nicht, dass wir ein iPad oder einen USB-Stick auf die Baustelle mitbringen. Damit meine ich, dass wir ohne Papierplan direkt die Produktionsmaschine, die CNC-Fräse ansteuern. Das ist die Idee, mit der wir angetreten sind. Und die Idee funktioniert auch.
In der Flugzeugindustrie, im Automotive-Bereich, überall da konstruiert man die Produkte bereits im Computer, erstellt einen echten digitalen Zwilling und steuert damit direkt die Produktionskette an. Doch das ist Serie, das ist Massenproduktion. Deswegen schauen wir uns auch andere Branche an.
In der Zahnmedizin z.B. wird Ihr Mund in 3D vermessen. Die digitalisierten Daten für den Zahnersatz werden direkt an die Fertigungsmaschine gesendet und der neue Zahn Ihnen anschließend passgenau in den Mund eingesetzt. Das ist es, wo wir hinwollen. Einzelproduktion direkt aus dem Computer angesteuert.

Ist die Baubranche digital?

Wie sieht der Status Quo in der Planung und der Bauwelt aus? Die Baubranche ist digital. Wir betreten mit VR-Brillen die virtuelle Realität, wir können Gebäude erlebbar machen, bevor sie gebaut wurden. Wir betreten ein städtebauliches Modell und schieben ganze Gebäudekomplexe herum. Die Mitarbeiter können in München, Bregenz, Wien sitzen, völlig egal. Unsere BIM-Modelle enthalten sämtliche Daten, vom Bauen bis zum Betrieb. Viele Architekturbüros haben schon alle Daten in ihrem BIM-Modell. Auch draußen auf der Baustelle, wenn wir z.B. bei einer Bauverhandlung präsentieren wollen, wie das Projekt später aussieht, können wir das mit Augmented Reality entsprechend darstellen. Toll, super, gefällt mir. Alles Computer, ja.

Aber wie bringe ich diese hohe Präzision, diese Effizienz, mit der wir planen, aus dem Computer raus? Wie bauen wir das denn am Schluss? Wir drucken einen Plan aus und am Ende sieht die Baustelle genauso aus wie früher. Der Maurer, der Zimmerer, der Schalungszimmerer kniet am Boden, misst die Zahlen heraus und baut genau in der Schärfe seine Schaltafel auf, mit Toleranzen von bis zu zwei Zentimetern. Das ist doch nicht die Präzision, die wir wollen! Das Einzige was sich verändert hat in der Geschichte des Planens, ist, wie der Strich auf das Papier kommt. Früher habe ich mit der Hand gezeichnet, dann in CAD und jetzt ein BIM-Modell generiert. Am Ende des Tages ist trotzdem der Papierplan der Informationsträger auf der Baustelle. Ist das digital? Ich finde nicht, dass das digital ist. Die Baubranche ist nicht digital. Die PLANUNG ist digital.

Holzbau als Vorreiter der Digitalisierung

Foto: Marcus Buck, TUM Campus im Olympiapark München

Holzbau ist meiner Meinung nach der modernste Baustoff in unserer Branche. Holzbau ist seit Jahren digital. Die digitale Abbund-Planung funktioniert seit langem genauso, wie ich es mir vorstelle: Die Produktionsdaten werden in 3D aufgesetzt, in HSBCAD, CAD Work usw. Schon seit Jahren machen wir im Holzbau nichts anderes, als in 3D genau die Produktion einzugeben und dann direkt die Prouktionsmaschinen anzusteuern. Die Bauteile kommen so präzise heraus, dass sie sich millimetergenau ineinanderfügen. In genau dieser Präzision möchte ich als Dietrich | Untertrifaller bauen, das ist unser Anspruch.

Im Holzbau ist es zwar so, dass der Papierdruck wegfällt und das BIM-Modell der Architekten digital übertragen wird. Das ausführende Holzbauunternehmen zeichnet aber trotzdem ein eigenes Modell. Und jetzt haben wir wieder nicht den digitalen Zwilling, sondern wieder einen Bruch in der digitalen Wertschöpfungskette. Also muss es uns gelingen, genau diese Lücke zu schließen. Das war die Vision, mit der wir einst angetreten sind und die wir jetzt umsetzen. Denn wenn es uns gelingt, die Lücke zwischen BIM-Modell, Architekt, Ingenieur und Arbeitsvorbereitung zu schließen, schaffe ich es, die Lücke auf der Baustelle zu schließen. Und dann kann ich auf den Knopf drücken und direkt die Produktionsmaschine ansteuern.

Ein gutes Beispiel ist unser TUM Campus im Olympiapark München, eine der größten Holzbaustellen Europas mit einem 180 Meter langen Dach, das 20 Meter auskragt. Die Vordachträger sind genau in dieser Präzision erstellt worden. Es gibt keinen Unterschied mehr zwischen Planern und Ausführenden. Die Realität und der geplante digitale Zwilling sind deckungsgleich. Das ist millimetergenaues, hochpräzises, modernes, digitales Arbeiten.

Integrale Planungswerkstatt als Lösung

Doch erreiche ich das mit den üblichen Projektprozessen, der HOAI? Nein, dazu brauche ich integrale Planerteams. Doch die meisten dieser Teams bestehen nur aus Architekt, Tragwerksplanung und Haustechnik. Wir haben unsere integralen Planerteams mit der Arbeitsvorbereitung ergänzt. In dieser sogenannten integralen Planungswerkstatt sitzen alle Projektbeteiligten an einem Tisch, auch der Auftraggeber. Wir arbeiten hier mit agilen Prozessen – Design Thinking in der Entwurfsphase, Scrum, wenn wir das Projekt genehmigungsreif durcharbeiten. Mit Baubewilligung wechseln wir zu Lean-Construction und setzen das Projekt prozessoptimiert um.

 

Wir haben das bereits durchexerziert in unterschiedlichen Märkten in Deutschland und in Österreich. Lange Rede kurzer Sinn: Wir bringen die Digitalisierung auf die Baustelle.

 

Dominik Philipp

Foto: Aldo Amoretti, TUM Campus im Olympiapark München